Wochenbettdepression: Symptome, Ursachen & Behandlung

Wochenbettdepression: Symptome, Ursachen & Behandlung
In diesem Artikel erfährst Du folgendes

Wochenbettdepression – Wenn trotz Babyglück alles schwarz wird.

 

Es soll etwa jede zehnte Mutter betreffen: Die Wochenbettdepression. Dabei handelt es sich um eine psychische Erkrankung, die bei Frauen nach der Entbindung auftreten kann. Die medizinischen Bezeichnungen dafür sind postpartale oder postnatale Depression.

 

Was genau kennzeichnet eine Wochenbettdepression? Wie unterscheidet sie sich von einfacher Müdigkeit, Erschöpfung oder dem so genannten „Babyblues“? Tritt sie nur bei frischgebackenen Müttern auf oder können auch Väter darunter leiden?

 

Die Wochenbettdepression gehört zu den postnatalen Störungen, zu den Phänomenen, die nach einer Geburt auftreten. Sie kann in den ersten Tagen nach der Geburt des Kindes oder viele Monate später auftreten.

 

Die Symptome ähneln einer „normalen“ Depression, einem Gemütszustand, der auch ohne eine kürzliche Entbindung bei Menschen aller Couleur auftreten kann. In diesem Zusammenhang wird die postpartale Depression von anderen Phänomenen unterschieden, die auch kurz nach und im Verlauf der Geburt des eigenen Kindes auftreten können.

 

Allerdings ist die Abgrenzung, wie so oft bei psychischen Erkrankungen, schwierig und die Grenzen sind fließend. So gibt es zum Beispiel den „Babyblues“ oder die „Heultage“. Man merkt aber schon an den Begriffen, dass sie harmloser klingen als die medizinisch indizierte Diagnose der Wochenbettdepression. Und so gesehen, sind sie es auch.

Wochenbettdepression: Von Babyblues-Tagen zu depressiven Wochen

 

Die so genannten „Heultage“ plagen die betroffenen Mütter unmittelbar nach der Entbindung oder erst nach einigen Tagen. Das Baby ist gesund. Du solltest glücklich sein, bist es aber nicht. Du bist mit den Nerven am Ende. Überfordert. Am Ende. Alles ist einfach zu viel. Die Betroffenen geraten in eine Art melancholische Stimmung, weinen häufig und oft ohne erkennbaren oder benennbaren Grund. Sie fühlen sich erschöpft und überfordert, manchmal sind sie verzweifelt. Doch nach ein paar Tagen ist diese auch als „Babyblues“ bezeichnete Episode oft wieder vorbei.

 

Der Babyblues ist im Allgemeinen recht häufig, viel häufiger als eine echte Wochenbettdepression. Deshalb gehört er zu den fast schon erwarteten, häufigen Phänomenen im Verlauf der Geburt eines Kindes. Immerhin bemerken etwa vier von fünf Müttern nach der Entbindung starke Stimmungsschwankungen.

 

Sie sind erschöpft, machen sich massive Sorgen um das Neugeborene, merken, dass plötzlich alles anders ist, sind logischerweise nicht wirklich darauf vorbereitet und fühlen sich insgesamt überfordert und unterliegen extremen Stimmungsschwankungen.

 

Manche von ihnen weinen viel, manche weniger. Im Zuge der Strapazen der Schwangerschaft, der hormonellen Umstellung und der Geburt selbst ist das verständlich.

 

Der Babyblues ist im Gegensatz zur postpartalen Depression keine diagnostizierbare Krankheit und dauert nur wenige Tage, in manchen Fällen sogar nur wenige Stunden.

 

Diese „leichte“ Depression tritt ziemlich plötzlich auf, und so wie der Babyblues auftrat, verschwindet er oft in den nächsten Tagen wieder von selbst.

 

Die Wochenbettdepression ist anders. Sie ist – wenn man so will – eine anhaltende, schwerere und tiefer in der Psyche verwurzelte Erscheinungsform des Babyblues. In einigen Informationsquellen für Eltern wird kaum unterschieden, ob es sich um einen „langen Blues“ oder eine bereits leichte Wochenbettdepression handelt. Meistens sprechen Experten aber auch umgekehrt vom Babyblues als einer milden Ausprägung der Wochenbettdepression.

 

In jedem Fall kann festgehalten werden: Bleibt die Grundstimmung länger als nur ein paar Stunden oder Tage bedrückt, mit Ängsten und Sorgen, handelt es sich oft um eine postnatale Depression (= Wochenbettdepression). Sie hält über mehrere Wochen an und kann in schweren Fällen sogar chronisch werden.

Wenn die Mutter ihr Kind ablehnt

 

Ein Sonderfall ist das Phänomen der Ablehnung des Kindes durch die Mutter. Die Mutter liebt ihr Kind einfach nicht und hat dann meist schon während der Schwangerschaft keine Vorfreude oder „positive“ Erregung entwickelt, sondern hat keine Beziehung zu dem neuen Leben in ihrem Körper.

 

Zweifel, ob man eine gute Mutter sein wird, ob man dem Ganzen gewachsen ist und ob man das alles schaffen kann, gehören zu den üblichen Phasen der Selbstzweifel und sind bei fast allen werdenden Müttern zu finden.

 

Ist das Kind aber erst einmal auf der Welt und wird nicht bedingungslos geliebt, sondern regelrecht abgelehnt, spricht man von einer postnatalen Psychose, also einer psychischen Erkrankung, und nicht von einer „klassischen“ Wochenbettdepression.

 

Denn während der Babyblues und die Wochenbettdepression in den allermeisten Fällen von Sorgen um das Kind und dem Grundgefühl der Überforderung geprägt sind, kann es vorkommen, dass die Mutter ihr Kind gar nicht annehmen will, weil sie es scheinbar gar nicht lieben kann.

 

Auch das kann beim ersten, zweiten oder dritten Kind vorkommen. Bei Wunschkindern ebenso wie bei „Unfällen“, bei Müttern in festen Beziehungen ebenso wie bei alleinstehenden Müttern.

 

Betroffene Mütter berichten, dass sie ihre Kleinen nicht streicheln, manchmal nicht einmal berühren können. Das Kind ist für sie ein Fremder. Auch Gedanken an Kindstötung kommen auf.

 

Dieses Phänomen hat wenig mit einer postpartalen Depression gemein, die in der Regel nach einigen Tagen oder Wochen abklingt. Die Lieblosigkeit gegenüber dem Kind beginnt während der Schwangerschaft und vergeht nicht innerhalb von Wochen oder Tagen. Vielmehr kann sie die ganze Kindheit und Jugend hindurch andauern. Mit schwerwiegenden negativen Folgen für die Entwicklung des Kindes.

 

Nun lässt sich Liebe nicht verordnen. Mangelnde Liebe lässt sich nicht durch Gespräche, Unterstützung oder Medikamente herbeiführen. Gegen Depressionen oder Psychosen kann aber eine Therapie helfen. Diese wird auch dringend empfohlen, wenn sich das Phänomen manifestiert.

Ähnliche Symptome, unterschiedliche Dauer und Ausprägung

 

Der Babyblues erreicht seinen Höhepunkt etwa drei bis fünf Tage nach der Entbindung und klingt etwa am zehnten Tag wieder ab.

 

Im Gegensatz dazu tritt eine schwere postnatale Depression oder Wochenbettdepression innerhalb der ersten Wochen nach der Geburt auf. In seltenen Fällen kann eine postpartale Depression bis zu 24 Monate nach der Geburt des Kindes anhalten.

 

Die Symptome treten nicht so plötzlich auf wie bei der leichten Variante, sondern zeigen sich eher schleichend. Wenn also etwa zwei bis drei Wochen nach der Geburt weiterhin schwere depressive Symptome auftreten, deutet alles auf eine postnatale Depression hin. Etwa eine von zehn Müttern ist betroffen (medizinische Fachleute sprechen von 10 bis 15, manchmal sogar 20 Prozent) und entwickelt in dieser ersten Zeit nach der Geburt ihres Kindes eine postnatale Depression.

 

Die Symptome von Babyblues, Heultagen und postnataler Depression sind ähnlich. Sie umfassen in der Regel erhöhte Empfindlichkeit und Reizbarkeit, allgemeine Müdigkeit, Stimmungsschwankungen, gedrückte Stimmung, diffuse Schuldgefühle, Versagensängste, Überforderungsgefühle, Konzentrations- und Schlafstörungen sowie Appetitlosigkeit – klassische Symptome auch anderer Formen von Depressionen, unabhängig von Geburt und Elternschaft.

 

Auch der Zustand und die Gesundheit des Neugeborenen können eine Rolle spielen. Für viele frischgebackene Eltern ist es eine große emotionale Belastung und psychischer Stress, wenn das Kind aufgrund von Komplikationen vorerst auf der Krankenstation bleiben muss, eine Behinderung hat oder – im schlimmsten Fall – sogar eine Fehlgeburt.

 

In diesen Fällen drücken Sorgen und Trauer verständlicherweise auf die Stimmung und müssen verarbeitet werden. Ist die Geburt kompliziert und für die Mutter traumatisch, kann es auch zu der eher seltenen posttraumatischen Belastungsstörung kommen.

 

Umgekehrt treten Babyblues und Wochenbettdepression aber auch bei eher unkomplizierten Schwangerschaften, ausgesprochen reibungslosen Geburtsverläufen und bei Müttern mit völlig gesunden Babys auf.

 

Hier kann die ganze Bandbreite von Überforderung und Sorge bis hin zur Ablehnung des Babys auftreten. Was wirft die frischgebackenen Eltern – ja, auch Väter können betroffen sein, mehr dazu siehe unten – so sehr aus der Bahn, dass trotz Babyglück alles schwarz wird?

Wochenbettdepression: Ursachen

 

Die genauen Ursachen für das Auftreten von postnatalen Depressionen oder Wochenbettdepressionen sind noch nicht vollständig geklärt. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf den starken und schnellen hormonellen Veränderungen im Zuge der Geburt.

 

Wie bei allen psychischen Erkrankungen gibt es jedoch eine Reihe von Risikofaktoren, wie z. B. vorbestehende psychische Erkrankungen bei der Mutter selbst oder bei nahen Angehörigen. Es kann ein Trauma, eine allgemein belastende Lebenssituation oder Lebenskrisen vorliegen. Soziale Isolation, Armut oder eine allgemein geringe Lebensqualität sind weitere ungünstige Faktoren, die eine postpartale Depression auslösen und fördern können.

 

Oft sind Babyblues und die leichte Form der Wochenbettdepression auf die allgemein veränderte Lebenssituation zurückzuführen. Auch die Reizüberflutung durch das neue Familienmitglied, die Folgen von Schlafmangel und die allgemeine Unausgeruhtheit. Darüber hinaus wirken sich fehlende soziale Unterstützung, Probleme in der Partnerschaft oder eigene überhöhte Erwartungen an die eigene zukünftige Elternrolle, die nicht erfüllt werden können, ungünstig aus.

 

Auch vorbestehende körperliche Belastungen, Defizite oder Krankheiten können eine postpartale Depression begünstigen. Dazu gehören Eisenmangel, Unterernährung, Schilddrüsen- oder Stoffwechselstörungen, Geburtskomplikationen oder Medikamente (z.B. Betablocker).

 

Und ja, postpartale Depressionen können auch Männer betreffen. Auch Väter sind betroffen, und zwar zu etwa vier bis fünf Prozent. Obwohl sie sich nicht buchstäblich im „Wochenbett“ befinden und Schwangerschaft und Geburt nicht am eigenen Leib erfahren haben, erleben auch Männer hormonelle Veränderungen.

 

Die enge emotionale Bindung an Partnerin und Kind tut ihr Übriges: Sie leben und leiden zusammen, meistern die gemeinsamen Aufgaben und Probleme oder haben Angst, daran zu scheitern. Da scheint es nur logisch, dass Wochenbettdepressionen auch Männer betreffen können.

Wochenbettdepression: Behandeln oder abwarten?

 

Heultage und Babyblues sind, wie bereits erwähnt, weitaus häufiger als eine postpartale Depression. Deshalb sollten frischgebackene Eltern nicht gleich verzweifeln und eine Wochenbettdepression vermuten, wenn die ersten Tage nach der Geburt von einer traurigen, ängstlichen oder depressiven Stimmung geprägt sind.

 

Müttern (und möglicherweise auch Vätern), die tatsächlich an einer postpartalen Depression leiden, kann geholfen werden. Je nach Ausprägung der Symptome können auch Gespräche mit Freunden und Verwandten helfen; die Unterstützung durch die Hebamme und natürlich den Lebenspartner geben Halt und Stabilität. Entlastung, Hilfe im Haushalt, Entspannungsphasen und schöne Erlebnisse wirken manchmal kleine Wunder. Vor allem dann, wenn es sich nur um eine leichte Wochenbettdepression handelt.

 

Die Wochenbettdepression hat insgesamt eine gute Prognose. Wie die leichte, milde Ausprägung (Babyblues) kann auch die „ausgewachsene“ postnatale Depression praktisch von selbst wieder verschwinden. Selbst wenn sie unbehandelt bleibt, verschwinden die Symptome bei den meisten Patientinnen innerhalb weniger Wochen von selbst. Hält die depressive Phase jedoch länger als zwei oder drei Wochen an, sollte die postpartale Depression behandelt werden. Eine professionelle Therapie ist erforderlich.

 

Besonders schwere Wochenbettdepressionen müssen wegen des erhöhten Selbstmordrisikos und der (manchmal gegebenen, aber sehr seltenen!) Gefahr der Kindstötung dringend behandelt werden. In manchen Fällen kann sogar eine stationäre Behandlung notwendig sein.

 

Den meisten Eltern, die an einer Wochenbettdepression leiden, kann mit psychologischer Beratung, Gesprächstherapie und konkreter Alltagsbewältigung geholfen werden. Da bei vielen Betroffenen Angstzustände und Schlafstörungen im Vordergrund stehen, wird ein angstlösendes und schlafförderndes Antidepressivum verordnet.

 

Das Gleiche gilt für Mütter, die ihre Kinder nicht lieben oder akzeptieren können. Sie müssen erkennen, dass es sich um eine psychische Erkrankung handelt, die therapeutisch behandelt werden kann. Ziel ist es dann, eine dauerhafte Bindung zum Nachwuchs aufzubauen, bestehende Schuldgefühle abzubauen und eine normale Mutter-Kind-Bindung zu erreichen.

 

Unabhängig von der Form und dem Ausmaß des postnatalen Stresses, der Depression oder der Psychose ist ein stabiles, unterstützendes soziales Umfeld die halbe Miete.

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Über den Autor

Peter König

Peter König

Peter "Piet" König ist führender Experte für Gesundheit und Fitness in der Schwangerschaft.
Er ist zertifizierter medizinischer Fitnesstrainer, ausgebildeter Personal Trainer und staatlich geprüfter Fitnesstrainer mit A-Lizenz.
Der studierte Bewegungs- und Sportwissenschaftler ist mit Herzblut Papa. Als Gründer von pregfit hat er sich der Mission verschrieben, dass Frauen gesund, fit und gut gelaunt ihre Schwangerschaft erleben können.